Von CHH - Dezember, 2024
Die Vor-Geschichte ist schnell erzaehlt. Im März 2002 ist Dr. Khalil Suleiman während des Einmarsches der Besatzer in das Lager Jenin im Rahmen ihrer Militäroperation 'Schutzschild' (1) auf dem Weg, ein verletztes Mädchen zu behandeln. Der Krankenwagen, in dem er unterwegs ist, wird von einer Brandbombe getroffen, abgefeuert von der israelischen Armee. Dr. Khalil Suleiman wird getötet, und zwei seiner medizinischen Mitarbeiter sind schwer verletzt. Zu seinen Ehren wird das staatliche Krankenhaus später nach ihm umbenannt.
Zwanzig Jahre hat das Flüchtlingslager Jenin ihr Freiheitspferd behalten, bis es von den Besatzungstruppen im Oktober 2023 vom Osteingang des Lagers entfernt wurde. Bei ihrem Angriff auf Jenin griff die Besatzungsarmee das Pferd nicht nur an, sondern sie "verhaftete" es. Sie schleppte es einfach weg. Ein Bulldozer fuhr mit dem Pferd am Regierungskrankenhausgenau vorbei - und mit ihm die Überreste des Krankenwagens, in dem Dr. Khalil Suleiman ermordet wurde - und verliess mit ihm das Lager.
Denkmäler erinnern in der Zukunft nicht nur an die Vergangenheit."Sie lehren uns auch etwas über die Gegenwart," schreibt Rana Barakat, Dozentin an der Birzeit-Universität, denn "ein Denkmal entsteht aus den Überzeugungen, der Politik und den Anliegen seiner eigenen Zeit." (3) Heute werden diese Zeugnisse „Gegendenkmäler“ genannt, da sie, "anstatt schmerzhafte Erinnerungen sicher und distanziert in gefühllosen Stein zu versenken, die Erinnerung lebendig halten." Solche "Gegendenkmäler" sollen sowohl die Opfer ehren, als auch die Verantwortung an vergangenem und/oder fortdauerndem Unrecht wachrütteln. Rana Barakat sieht das Jenin-Pferd daher als ein solches Gegendenkmal, als ein "Symbol für genau diese Art andauernder Gewalt, die noch nicht beendet ist und so keines Gedenkens oder einer Erinnerung bedarf" (4).
Weil es nicht aber gelingt, den Widerstand in Jenin zu zerschlagen, wird versucht, ein falsches Bild des Sieges zu erschaffen, indem Erinnerungen einfach aus dem Weg geschafft werden, so, als hätte das Morden in Jenin gar nicht stattgefunden. Im Grunde kann die Entfernung dieser Freiheits-Statue durch die Besatzer als das Symbol ihrer Niederlage gesehen werden und als Mahnung, dass begangenes Unrecht nicht durch Morde und durch das Verschwindenlassen ihrer Symbole zum Schweigen gebracht werden kann.