Ist die "Deneme-Yanılma" Methode einer Politik der "Kutsal Gerçek" (Heilige Wahrheit) gewichen? – Ein Gespräch mit Selçuk Salih Caydı



Der Wahlkampf in der Türkei liegt in seiner Endphase und aus deutscher Beobachterperspektive verläuft vieles doch sehr anders als in Deutschland. Sicherlich ist auch hier nicht alles wahr, was im Rahmen der Wahlpropaganda verkündet wird. Auch Wahlversprechen sind zum Teil als offensichtlich unrealistisch einzuschätzen. Was in Deutschland in dieser Direktheit jedoch nicht zu beobachten ist, dass ist das Angreifen des Gegners in dieser Schärfe, wie es aus der Türkei zu beobachten ist. 
Hinzu kommt dort die beispiellose Kriminalisierung der HDP mit dem Versuch ihrer Schwächung bis hin zu ihrer Ausschaltung durch die Inhaftierung einiger ihrer wichtigen Akteure. Ich überlege, ob diese Furcht vor dem Anderen – in diesem Falle der HDP – nicht weitaus tiefer geht und weitaus mehr bedeutet, als nur eine Sorge vor dem eigenen Machtverlust seitens der AKP und ihrem ideologischen Führer Staatspräsident Erdoğan.

Ich denke, die größte Furcht vor der HDP ist neben der AKP bei der MHP zu finden und nicht mehr so ausdrücklich bei der CHP, wie es vielleicht noch vor ein paar Jahren gewesen wäre. Die CHP ist heute demokratischer ausgerichtet. Diese Veränderung im Politikverständnis haben die anderen Parteien bislang nicht erreicht, bzw. es ist von ihnen gar nicht gewollt.

Ist es die inhaltliche Ausrichtung der HDP, die da solche Sorgen bereitet? Ihr demokratischer Politikansatz mit dem Blick auf Diversity und deren Anerkennung, auf den wir in unserem ersten Gespräch verwiesen haben? Bereitet eben diese Offenheit solche Angst, da eine Regierungsbeteiligung der HPD eine Veränderung des Politikverständnisses und vor allem auch eine Veränderung der politischen Praxis impliziert?

Ja, denn genau solche Veränderungen will die AKP eben nicht. Und insofern ist es für sie eminent wichtig, die HDP vor den Wahlen zu schwächen. Seit Juni wurden 22 Bürgermeister aus ihren Ämtern entfernt, weitere 20 wurden verhaftet und über 1.500 Mitglieder der HDP wurden vorübergehend festgenommen oder verhaftet. Vor allem sollen dadurch auch ihre potentiellen Wähler verunsichert und ihnen ein Weg zurück zu den herkömmlichen Parteien gewiesen werden. Dabei wird an einer besonderen Art von "Instinkt" bei den Türken angesetzt. Die Türken mögen die Starken. Das Wort Türke bedeutet ja stark. Die Türken haben da so eine Art Machtfetischismus. Sie wollen immer gerne bei den Starken sein oder sich diesen anschliessen. Die Unterdrückung der Schwachen erweckt also nicht nur ein Mitgefühl, wie man es in Teilen der CHP gegenüber der HDP bemerkt, sondern es gibt immer auch die andere Seite. Das ist die Bewunderung und Anerkennung von Stärke. Die AKP will durch Unterdrückung und Abwertung der HDP diejenigen Wähler von der Partei abziehen, die sich mehr an einer Politik der Stärke orientieren möchten. Und das gilt auch für die MHP mit ihrer Duldung eines solchen Verhaltens.

Man diskriminiert die HDP um bei den Wählerinnen und Wählern ein Gefühl zu erzeugen, man könne diese Partei doch nicht wählen, da sie nicht zu denjenigen gehören wird, die dieses Land mit Stärke regieren würde?

Genau. Das ist wohl der Gedanke, der dahinter steckt. Denn die Wähler werden irgendwann mal sagen, die HDP ist war eine demokratische Partei, aber Demokratie allein reicht nicht aus, um dieses Land zu regieren. Denn leider ist eine demokratische Tradition hier in der Türkei nicht stark ausgeprägt. Bei der CHP ist es jedoch genau das Gegenteil. Sie hat inzwischen gelernt, dass man den Grundlagen der Demokratie treu bleiben muss und mit einem solchen Verhalten dann auch besser vorankommt.
Der Versuch, die HDP zu schwächen hat übrigens zum Teil sogar Erfolg gehabt. Nach Umfragen verliert die HDP im Westen des Landes Stimmen, die dann meist zur CHP rückwandern. Im Osten passiert jedoch genau das Gegenteil. Dort bekommen sie immer mehr Zulauf, da ehemalige AKP-Wähler zur HDP wechseln.

Liegt hier nicht eine Gefahr für die HPD, dass sie durch diese Entwicklung nach außen hin wieder mehr als eine kurdische Partei wahrgenommen wird und weniger als eine Landespartei mit breitem demokratischen Anspruch?

Genau das ist die Gefahr und genau das wollte die HDP eigentlich vermeiden. Die HDP ist ja als eine Landespartei gegründet worden. Wenn sie nun durch diese äußeren Umstände dazu gezwungen wird, eine Regionalpartei zu werden, dann ist das nicht nur für die HDP sondern auch für die Türkei insgesamt ganz schlecht. Und nach den letzten Umfragen verliert die HDP durch diese Entwicklung auch Stimmen. Zwar wird sie den Einzug ins Parlament nicht verfehlen. Das wird nicht passieren, denke ich. Und das ist sehr wichtig, denn sie wird dadurch auch Gelder von der Staatskasse bekommen, ihre finanzielle Situation verbessert sich, und das wird sie weiter stärken.

Aber die Einschüchterungspolitik gegenüber der HDP hat noch ein weiteres negatives Ergebnis. Wenn überall die Bürgermeister der HDP verhaftet werden, sie physisch und psychisch bedrängt werden, erinnert das sehr an diese verheerende Staatstradition den Kurden gegenüber.

D.h. die AKP hat übernommen diese Angst bei den Kurden wieder zu re-aktivieren?

Ja, man will, dass sie wieder solche Angst haben, wie es früher war. Nur so kann man ihr Selbstbewusstsein und ihre aufkommende Stärke eindämmen, wird gedacht. Und man will das wohl unbedingt noch erreichen, bevor es der HDP gelungen ist, eine Landespartei, sozusagen eine Partei "der Türkei" zu werden. Wie weit diese Einschüchterung funktionieren wird und ob diese klassische türkische Unterdrückungspolitik noch einmal erfolgreich sein wird, das hängt sicherlich in großem Maße auch von der CHP ab, wie weit es dieser gelingt, sich mit aufzulehnen und sich dem entgegen zu stemmen.

Ich kann mir gut vorstellen, dass in der CHP verstanden wurde, dass sich hier etwas verändern muss. Es gibt jedoch in Stellungnahmen die Erwähnung, nach den Wahlen wolle man mit der MHP eine Koalition eingehen. Wie verträgt sich das nun wiederum miteinander?

Naja, genau das habe ich am Anfang ja gesagt. Natürlich hat man in der CHP auch Ängste. Man kann sagen, die HDP ist eine völlig revolutionäre Neuigkeit in der türkischen Parteienlandschaft. Und wenn es ihr gelingt, eine Landespartei zu bleiben, wird das auch so etwas wie eine Revolution bedeuten in der Türkei.
Aber auch die CHP macht eine nichtethnische Politik – und das finde ich im Grunde genommen ganz richtig – also weder türkisch, kurdisch, armenisch usw.. Sie macht sozialdemokratische Politik. Dennoch hat sie im Hinterkopf immer auch noch Angst vor dem Loslassen dieser kurdisch-türkischen Differenzierung. Und das zu Recht. Vielleicht muss man den Kurden erst einmal so etwas wie eine positive Diskriminierung entgegenbringen, da sie so lange unterdrückt worden sind. D.h. man muss Verständnis für ihre Situation in der Bevölkerung wecken. Zum anderen muss es aber dennoch gelingen, die vorhandenen Ängste bei den Kurden wieder einzudämmen, man wolle sie durch einen Putsch, durch das Militär, oder eben durch die AKP in die Zeit der neunziger Jahre rückversetzen.

Ja, es muss verstanden werden, dass diese Zeit vorbei ist, auch wenn Ähnlichkeiten sichtbar sind. Aber wie kann so etwas funktionieren, wenn doch seitens der AKP unter Beteiligung der MHP gerade Gegenteiliges vorangetrieben wird?

Ich denke, dass genau wird Aufgabe für die CHP in der Zukunft sein. Es geht nicht mehr darum, diesen Zwiespalt weiterhin offen zu zeigen, sondern hinüberzuführen in ein gemeinsames demokratisches Handeln, damit sich diese neuen Ideen etablieren können. Hinderlich sind dabei alte Ängste in der CHP selbst, die wir zu verstehen haben, denn in der CHP sind ja immer noch viele Kemalisten. Sie sind eine große Fraktion in dieser Partei. Und gerade das sind die Stammwähler, die es nicht zu verlieren gilt. Ebenso sind in der MHP viele Nationalisten, wodurch dieser Koalitionswunsch dann wiederum auch verständlich wird.

Es wird ja nun wohl Wahlen geben, obwohl offensichtlich ist, dass auf legalem Wege eine Mehrheit für die AKP schwerlich noch zu erreichen ist, schenkt man den Umfragen Glauben. Wir hatten ja überlegt, ob nicht eine Tendenz vorhanden ist, z.B. über eine Forcierung der gegenwärtigen Kriegspolitik der Regierung, eine solche Wahl verhindern zu wollen. Dies erscheint nun nicht mehr so, die befürchtete Eskalation – so schlimm die Ereignisse waren – ist ausgeblieben. Was sind wohl die Hintergründe, dass diese Ideen – die ja vorhanden waren – wieder verworfen wurden? Müssen wir hier nicht auch die Entwicklungen im Syrienkrieg in unser Denken einbeziehen? Hat Putin Erdoğan in seine Schranken verwiesen, was dann wiederum Auswirkungen auf sein innenpolitisches Verhalten hat? Wie siehst Du das?

Natürlich hat diese Entwicklung eine bedeutende Wirkung auch hier in der Türkei. Zum ersten Mal scheinen die Russen und ihre Koalition die Islamisten doch wirklich zu bekämpfen und zwar so, wie sie bekämpft werden müssen, nämlich nicht nur einfach aus der Luft. Dieser strategische Ansatz der Koalition um die USA ist doch ziemlich erfolglos geblieben. Und wir wissen heute auch, dass die Türkei es mit ihrem Engagement in dieser Koalition gar nicht so sehr ernst gemeint hat.

In den Kommentaren zum Syrienkrieg wird den Russen immer wieder vorgeworfen, dass sie gar nicht den IS bekämpfen wollen, sondern alle diejenigen, die gegen Assad kämpfen. Sie haben sich kurzerhand über diese Differenzierung zwischen moderaten und nicht-moderaten Rebellen hinweggesetzt. Radikal-islamistisch oder nicht, das spielt für sie nicht die primäre Rolle. Kommt das bei euch in der Türkei auch so an?

Genau, das kommt auch hier rüber und genau das hat auch seine Wirkung. Auf der einen Seite werden weiterhin trotzig die moderat genannten Islamisten unterstützt, auf der anderen Seite verbreitet sich jetzt dann aber doch in der Öffentlichkeit die Meinung, dass diese Moderaten eigentlich gar keine solch Moderate sind, dem IS gar sehr ähnlich sind oder mit ihm zusammenarbeiten. Und noch eines kommt hinzu, was die Stimmung im Land anheizt. Dieser Krieg wird hier sehr als ein persönlicher gesehen. Es ist Erdoğans Krieg sozusagen.

Stop, welcher Krieg wird hier persönlich genommen? Erdoğans Krieg gegen Assad oder sein Krieg gegen die Kurden? Denn es ist ja nicht mehr nur ein Krieg gegen die PKK, der da unter allen Umständen geführt werden soll und der sich angeblich "gegen den IS" richtet. Ist der Krieg gegen die Kurden dann eigentlich nicht auch mehr ein Krieg gegen das Assadregime? Denn die Kurden schwächen ja gerade diejenigen Rebellengruppen, die gegen Assad kämpfen. Und verkauft wird diese kriegerische Auseinandersetzung dann als Selbstverteidigung gegen die angebliche Bedrohung einer Spaltung der Türkei durch die kurdische Bewegung? Somit hätte der Krieg gegen die Kurden zwei Dimensionen – die Rebellengruppen die gegen Assad sind – den IS mit eingeschlossen – zu stützen und über die Gleichsetzung bzw. die beschworene Nähe der HDP zur PKK diese im Inland zu schwächen.

Ja, das kann man auch so sehen. Das würde auch gut zu Erdoğans Politikansatz passen. In meinem Blog habe ich ja geschrieben, seine Politik und die seiner Leute ist für mich eine "theologische Politik".  Und eine solche theologische Politik kennt nur eine einzige Wahrheit, ja, sie wird sogar als eine "heilige Wahrheit" gesehen.

Eine "heilige Wahrheit" von deren Standpunkt aus Politik gemacht wird, wäre dann eine von Gott so gewollte Politik und damit unangreifbar?

Ja, und wenn man so denkt, dann ist es auch verständlich, warum keine Koalitionen möglich sind, denn dann ist diese Politik nicht mehr heilig und einzigartig, d.h. nicht mehr von Gott bestimmt. Somit ist es dieser Gruppierung im Grunde auch gar nicht möglich die Macht mit einer anderen Gruppen zu teilen. D.h. alles, was von außen herangetragen wird, muss dann auch konsequenterweise bekämpft und als Bedrohung angesehen werden: Kurden, Assad, wer auch immer und die HDP natürlich auch.

Als ich in Istanbul war haben wir über die Entstehung des kurdisch-türkischen Konfliktes diskutiert. Kommt jetzt ein weiterer Aspekt hinzu, indem er sich nun mit dem Syrienkonflikt neu verknüpft? Richtig? Und dennoch muss das ja doch auch eine sehr alte Feindschaft sein, wenn man bedenkt, dass Öcalan im Jahr 1979 in Syrien Zuflucht suchte, um von Damaskus aus den Kampf gegen die Türkei weiter zu organisieren und Syrien auch nach einer Kriegsdrohung durch die Türkei diesen nicht ausgeliefert hat.

Ja, es sieht wirklich so aus. Syrien spielt in dem ganzen Gefüge noch immer eine wichtige Rolle, was ich bisher in diesem Zusammenhang so nicht im Blick hatte. Und weil es auch ein sehr "persönlicher" Krieg ist und Erdoğan auch auf diese Weise ja scheinbar besiegt wird bzw. werden kann, dadurch, dass nun auch die Russen eingreifen, werden manche Emotionen noch verständlicher.

Naja, es ist ja auch sehr offensichtlich. Assad fliegt nach Russland und Erdogan wird von Putin nicht informiert, jedoch alle anderen involvierten Kriegsparteien. Die Länder der Nato wurden einbezogen, das Natoland Türkei an der Grenze zu Syrien jedoch nicht. Das ist eine Taktik, die die Türkei auch in der Nato noch weiter in die Isolation treibt.

Genau, das ist absolut richtig. Als die Türkei den Stützpunkt Incirlik endlich für die Amerikaner geöffnet und bekannt gegeben hat, mit diesen gegen den IS zu kämpfen, versuchte sie doch eigentlich nur, ihre Isolation in der Nato durchzubrechen. Auch die Einladung der deutschen Kanzlerin – wie immer sie auch zustande kam – ist als ein Erfolg für die Türkei zu sehen und als ein Versuch, diese Isolation zu beenden. Die Türkei ist mittlerweile völlig isoliert. Keiner mehr außer Katar und Saudi Arabien – wer ist denn da noch übrig geblieben als außenpolitischer Partner? Und warum ist das so? Weil man der Türkei nicht mehr vertraut. Wenn man kontinuierlich immer lügt oder das Gegenteil von dem tut, was man verkündet – und das hat die Türkei wirklich oft gemacht –  dann brauchst du dich doch nicht zu wundern, wenn du isoliert wirst.
Wie oft wurde gesagt, dass die Türkei den IS nicht unterstützt und keine Waffen schickt. Heute weiss man in der Türkei – und das verdanken wir auch der internationalen Presse – dass dies nicht stimmt. Aber es gibt keine Entschuldigung von Regierungsseite, keine Umkehr, keine Eingeständnisse. Die Doppelstrategie wird einfach weiter verfolgt. Da wundert diese Isolation eigentlich niemanden mehr. Und das wirkt sich mittlerweile auch sehr negativ auf die gesamte Situation im Land aus. Wenn wir einmal sehen, wieviele Milliarden Dollar die Türkei seit dieser Krisensituation wieder verlassen haben, das sind ebensoviel, wie das Land durch die Privatisierungen insgesamt eingenommen hatte, und dieser Verlust geschah in solch einer kurzen Zeit! Das Vertrauen in die Türkei ist weggeschmolzen.

Aber bezogen auf die Aktivitäten vom IS im Land, ändert sich da nicht doch einiges? Insbesondere seit dem Bombenanschlag in Ankara? Ist vielleicht etwas mehr Vorsicht zu bemerken, bezogen auf die schleichende staatliche Islamisierung des Landes durch die AKP?

Ich denke nein, wenn Du die Islamisierung von oben meinst. Im Grunde ist es ja Erdoğan der dieses Land führt. Und er ist bekannt für seine Trotzhaltung, dass er auch bei Fehlern nicht umkehrt oder umdenkt, sondern seine einmal eingeschlagene Richtung bis zum bitteren Ende durchzieht. Er wird diese Islamisierung weiter vorantreiben. Aber sie kommt in der Bevölkerung nicht mehr an und bewirkt das Gegenteil, denn in der Bevölkerung ist eine De-Islamisierung zu bemerken. Und diese Gegenbewegung beschleunigt natürlich den Fall der AKP-Macht an der Basis.

Lass uns abschliessend noch an die Wahl am Sonntag denken. Nehmen wir an, es finden reale Wahlen ohne großartigen Betrug statt, wie sie Whistleblower Fuat Avni angedeutet und bereits dokumentiert hat. Erdoğan muss doch auch mittlerweile begriffen haben, dass die AKP nicht mehr allein regieren wird. Das muss in den Köpfen von ihm und in den Köpfen der AKP drin sein. D.h. alle müssen sich auf die Etablierung einer Koalitionsregierung einstellen und wohl auch einlassen. Eigentlich müsste Erdoğan dann doch auch begriffen haben, dass es mehr darum gehen wird, seinen Kopf zu retten und nicht darum, Sultan des Landes zu werden, oder?

Genau. Es gibt viele Anzeichen, dass er sich um sich selbst sorgt und weniger um das Ergebnis der Wahl und um das Wohl des Landes. Interessant ist auch, dass aus diesen Reihen niemand über eine Koalition ein Wort verliert. Und Erdogan selbst kann mit einer Koalition nicht existieren. Real könnte er schon, aber – wie ich dir gesagt habe – diese Art des theologischen Prinzips seiner Politik, er, als eine von Gott bestimmte Person, ein gottgefallener Führer, da diese Vorstellung bei ihm fest verankert zu sein scheint, kann er keine andere Richtung einschlagen. Er hat sie sich selbst verstellt. Es wird wahrscheinlich über neue Tricks nachdenken, um weiterhin alleine regieren zu können, wiederum Neuwahlen. Aber inwieweit das türkische System das alles weiter mittragen kann oder wird, ist eine andere Frage. Ich denke, man hat hier eine Grenze erreicht, über die man sich nicht mehr hinauswagen sollte.

Entweder wird akzeptiert, eine Koalition zu gründen - möglicherweise mit der MHP. Aber auch dann wird er diese Koalition immer wieder zum Stolpern bringen. Eine Koalition der AKP-MHP wird drei, höchstens sechs Monate überdauern. Was dann wäre? Wieder Neuwahlen? Oder Passivisierung Erdoğans? Wir werden es sehen. Nur eine Sache ist noch wichtig. Die jetzige Regierung ist eine Wahlregierung. Und diesmal haben die Parteien lediglich zehn Tage Zeit, eine neue Regierung zu gründen. Wenn sie das nicht hinkriegen, dann ...

Aber beim letzten Mal haben sie das innerhalb von zwei Monaten nicht hingekriegt?

Genau. Aber diesmal ist eine Wahlregierung an der Macht und nach unserer Verfassung kann der Staatspräsident, also Erdoğan, nach zehn Tagen die Initiative ergreifen und jemanden beauftragen, eine neue Regierung zu gründen - in dem Fall wieder Davutoğlu - und anschließend falls so schnell keine Regierung gegründet wird, erneut Neuwahlen ausrufen. Das erlaubt eine Gesetzeslücke, die Erdoğan ausnutzen könnte, obwohl mehrere hochgradige Akademiker und Richter sagen, dass alles wie beim letzten Mal verlaufen müßte. Naja – in diesem Zeitraum könnte vieles passieren.

Was meinst Du damit?

Falls Erdogan bei seiner Trotzhaltung bleibt, könnte AKP sich spalten und könnte eine neue Partei entstehen. Es könnte z.B. eine große Koalition aus Rest-AKP, MHP und CHP entstehen. Falls die Wahlregierung weiter an der Macht bleibt, könnte sie gestürzt werden. Gerade erst waren die Zeitungen voll mit einem Interview mit dem ehemaligen zweiten Mann in der Partei Bülent Arınç, der andeutete, dass nach den Wahlen viel passieren könnte. Ich denke, dass dies ist Erdoğans letzte Wahl sein könnte. Entweder knickt er ein und bewilligt eine Koalition, was ihm schwer fallen wird, oder er wird gezwungen dies zu akzeptieren, indem AKP sich spaltet und Erdogan de facto entmachtet wird.

Wieso auch Deine Idee eines Sturzes der Regierung?

Es ist gegenwärtig schwer, die Institutionen einzuschätzen, die Armee, den Geheimdienst, die Polizei, die Justiz. Zu wenig dringt an die Öffentlichkeit. Aber eines ist gewiss, es hat viele Säuberungen in diesen Institutionen gegeben, das machte keinem Beamten Freude. Es herrscht eine große Verunsicherung in den Behörden und in der Bürokratie, aufgrund der vielen Pensionierungen, Entlassungen und Umstellungen. Ungewissheit verstärkt nicht unbedingt die Loyalität zu denjenigen, die diese Ungewissheiten produzieren und dadurch herrschen wollen. Ich denke, auch hier ist eine Grenze erreicht worden. Wenn man vieles gekappt, verschleiert und viele mundtot gemacht hat, das Wissen und die Informationen von all diesen Fällen sind immer noch irgendwo vorhanden. Vieles deutet darauf hin, dass alles streng dokumentiert wird - für später. Und so tauchen sie plötzlich irgendwo im Internet wieder auf, sehr genaue Informationen und Dokumente, in Twitter zu lesen - zum Beispiel -  mit Drohungen wie, "ihr werdet eines Tages vor Gericht stehen". So versuchen sie sich auf eine gewisse Weise vor der Willkür der Staatsspitze zu schützen. "Passt auf", soll das heissen, "wir wissen alles über euch, und eines Tages können wir es gegen euch einsetzen."

Erst werden wir aber sehen, ob sich die Befürchtungen von Fuat Avni bewahrheiten, und verfolgen, wie die Wahl ablaufen wird. Es deutet etliches darauf hin, dass es nicht einfach werden wird.







Istanbul Geschichten – Mehmet Bey aus Beykoz und 'sein' Galatasaray


Seit 30 Jahren arbeitet er hier in Beykoz, gleich neben der Moschee. Eigentlich sei er ja mehr ein Fan von Galatasaray als ein Schuhputzer, erzählt er und zeigt stolz auf eine Papptafel mit den Fotos seiner Idole. Und dann putzt er sie, meine Schuhe. Er putzt, und er redet. Ich sitze da, höre zu, verstehe aber nur wenig, denn er redet schnell und etwas undeutlich. Und so erzählt er mir zwar seine Geschichte, ich jedoch höre nur die Melodie seiner Stimme. So ein Ärger! Aber ich verspreche ihm und mir: ich komme wieder und dann verstehe ich ihn besser. Es hat gedauert, fast ein Jahr, bis ich den Bosporus wieder überquere, um in Beykoz nach ihm zu suchen. Ich schlängle mich zwischen Wahlautsprecherwagen und aufgebauten Zelten hindurch, weiche den Luftballon- und Wahlzettelverteilern aus, hin bis zur Moschee und ...



Ja, er ist da! So als wäre es erst gestern gewesen, sitzt er wie immer an "Lostra?" Schuhe putzen - fragt er freundlich. "Sonra." Später, antworte ich, suche im Smartphone und zeige ihm sein Foto aus dem vergangenen Jahr. Erst blickt er verwundert, doch dann strahlt er über das ganze Gesicht. "Hier, hier, das bin ich hier!" zeigt er stolz dem Nachbarn. "Ja und guck du hier ..." und er lächelt mich verschmitzt an.




Mehmet Bey öffnet seine Jacke, knöpft die Strickjacke auf und noch eine Jacke, und es erscheint das T-Shirt der Türkischen Nationalmannschaft.

"Jetzt mach ein Foto!" kommandiert er und setzt sich in Positur, so als habe er Sorge, dass man ihn ohne den Fussball nicht mehr erkennen könne.




Auf einmal schmilzt das vergangene Jahr in sich zusammen. Alles ist gleich. Sogar dieselbe Jacke. Doch nein, die Pappe mit den Fotos ist weg! "Wegen Regen" beruhigt er, "geht kaputt sonst." Dann nimmt er meine Stiefeletten, dreht sich noch einmal, ruft nach Tee für seinen "Gast" und beginnt sein Werk. Er cremt und putzt und wienert, bis sie wie neu sind, meine Schuhe.
Diesmal verstehe ich ihn, denn Selçuk ist mitgekommen und hilft mir. Mehmet Bey erzählt nun uns beiden seine Geschichte. 76 Jahre sei er alt und  zu Selçuk  "Kennst Du Jupp Derwall??" Doch da fällt ihm ein, Selçuk weiss ja gar nix von "seinem Galatasaray". Und er springt auf, um seine Pappe zu holen. Da erscheint unter seinem Stuhl - wie sollte es in Istanbul auch anders sein - eine winzige Katze. Sie guckt kurz und neugierig, lässt sich dann aber durch uns nicht weiter stören und kuschelt sich wieder an die Bürsten von Mehmet Bey. "Sie sitzt hier immer", sagt der Nachbar, "sie wohnt da".


"Hier, hier, ich hab sie!" – ruft Mehmet Bey strahlend und hält vorsichtig seine Pappe in den Händen, so als trage er einen Schatz. Und es ist auch sein Schatz. Wie lange hat er diese Bilder wohl schon so bei sich? Einige Fotos sind bereits vergilbt. "Hier!", und er deutet mit dem Finger auf eines der Bilder "Derwall!" Und "Hier! Wir alle zusammen! Ich auch!!"



Stimmt. Derwall mit Mehmet Bey in jungen Jahren oder eher umgekehrt.
Denn blickt man auf seine Papptafel mit all diesen "Größen", so erscheint eher Mehmet Bey in seiner vollen Größe durch die Zeit.



Und wieder beginnt er zu erzählen. "Ich bin immer da gewesen, immer, das war mein Leben" und deutet auf die Pappwand. "So haben sie mich kennengelernt, alle! Und ich habe sie auch kennengelernt, alle! Und sie haben mich eingeladen, zum Tee. Manche kommen bis heute  dann wenn sie wieder mal da sind, dann kommen sie zu mir. Ach! Weißt Du, Beykoz ist klein, und die Leute, die wissen von mir. So kann ich hier sein. In Tarabya - bei den feinen Leuten - da würde ich nicht mehr so arbeiten dürfen. Sie würden mich bestimmt wegschicken. Oder würde ich hier etwas anderes arbeiten, in einer Kneipe zum Beispiel, da würden sie mich doch sofort rausschmeissen wenn ich das erste Glas fallen liesse. Ich bin zu alt. Aber hier, hier habe ich meinen eigenen Platz. Ich kann arbeiten, wie ich will, und die Leute, die achten mich hier."

Wir blicken auf die vergilbten Fotos. Vorsichtig tippt Mehmet Bey auf die einzelnen Bilder. "Hier, kennst Du die noch?" schmunzelt er und schaut fragend auf Selçuk.



Und Selçuk kennt sie tatsächlich. "Na klar, das sind Tanju Çolak 'der Torkönig' und neben dir steht Rıdvan Dilmen genannt Seytan Rıdvan ‘der Teufel' und ...".  Da hat Selçuk bei ihm gewonnen. Er lehnt seinen Schatz aus Pappe vorsichtig an den Zaun der Moschee und will Selçuks Schuhe. Er löst die Schnürsenkel, greift in den Wachstopf und beginnt mit seinem Werk. Er putzt und redet und redet und putzt.



"Ein bis zwei Lira kann ich hier nehmen für das Schuhputzen. In Tarabya kriegt man sicher zehn Lira. Aber ich zahle ja keine Miete. Meine kleine Rente und das hier, das reicht. Mir geht es gut. 




"Nur mit meiner Schwester, die Geschichte, die macht mich traurig. Sie ist ja noch älter als ich. Und sie ist einfach nach Bodrum gefahren, zu ihrer Tochter. Nix hat sie gesagt, kein Auf Wiedersehen. Das ist doch traurig! 

Ich weiss ja gar nicht, ob sie nochmal kommt und ob ich sie nochmal wiedersehen werde. Und Geld, um sie zu besuchen? Nach Bodrum?! 
Dazu reicht es nicht."



Mehmet Bey bearbeitet Schuhe mit einer ganz besonderen Sorgfalt. Dabei vertraut er auch keinem Lappen, sondern nur seinen eigenen Händen. So spürt er besser, wo die Creme hinkommt und wo sie noch fehlt.



Als wir ihn zum Abschluss noch nach seinem ganzen Namen fragen, erklärt er, fast wie eine Entschuldigung:

"Ja, weisst Du, das ist so, ich, ich heiße ja Deniz. Aber das ist nur bei meiner Familie so. Alle anderen Verwandten heissen Özcan. Das hat mein Vater mal so gemacht. Er lebte auf 
Prens adaları, den Prinzeninseln, und da ist er einmal ins Wasser gefallen, von einem Boot wohl, glaube ich. Er musste lange schwimmen, um wieder an Land zu kommen. Und damals hat er gebetet, wenn ich hier wieder heil rauskomme, dann ändere ich meinen Namen. Ich werde dann Deniz heissen, denn 'deniz', das bedeutet 'das Meer'. Er wurde gerettet, damals. Und er hat es wirklich gemacht! 
Er hat seinen Namen geändert. Und so heissen wir heute Deniz und nicht mehr Özcan, wie sonst alle anderen von uns. Ja so ist das im Leben."





Nun sind auch Selçuks Schuhe blitzblank. Da steht Mehmet Bey auf, nimmt die Schnürsenkel und verschwindet. Ich blicke ihm nach. Er geht in den Vorhof der Moschee. "Das glaubst Du nicht, er wäscht sie!" staune ich laut.



Er kommt zurück, knetet den Rest des Wassers mit seinen Händen aus den Senkeln und zieht diese sorgfältig in die Schuhe wieder ein. Fertig! Ein herzliches "Auf Wiedersehen" und wir gehen. Aber ich werde wiederkommen und das nicht nur, weil meine Schuhe immer wieder schmutzig werden.



Beutefrauen – Ach mein Kind ...

Wenn eine Geschichte überzeugend erzählt werden will, musst sich Erinnerung mit Einbildungskraft verdichten und umwandeln. Geschichten und die Freiheit zur Erfindung, die sie gewährt, bieten die psychische Abschirmung, durch die es überhaupt möglich ist, Themen in Angriff zu nehmen, die sonst für unzugänglich, wenn nicht für sogar unschreibbar gehalten werden. 
(Nach L. Begley - Zwischen Fakten und Fiktionen)

"All die Jahre habe ich fast nie über diese Zeit gesprochen, auch nicht mit meiner Mutter. Ich hätte gern mit ihr geredet, sie über ihre Gefühle befragt. Aber das ist leider nicht mehr möglich." (L. Biallas - Ich war Kriegsbeute)


Wir fahren durch das Dorf. "Das hier, das ist es!" Ein einsames Haus, weit draussen. Birken und Büsche, eine sandige Strasse, mehr nicht. Hier hat sie sich versteckt, meine Mutter. Damals, wenn sie aus dem Dorf zurück kam, weil niemand sie aufgenommen hatte. "Kein Platz!" Und die Türen blieben ihr verschlossen, wenn sie von ihrer Angst reden wollte, ihrer Angst vor den Russen, die immer näher rückten. So blieb sie allein in diesem großen Haus, allein mit ihren Kindern. Da war viel Platz. Und den haben sie sich genommen, "die Russen"als sie kamen, den - und meine Mutter.

"Ach mein Kind... meinst Du, ich hab sie gezählt?" Mutter sprach nicht oft darüber. Ernst blickt sie mich jetzt an, mit ihren klaren blauen Augen und erklärt mir, warum das doch so ganz selbstverständlich sei. Denn es war doch Krieg damals. Deutschland wurde besiegt. Endlich! Und die Frauen waren die Beute. Damals.

"Manchmal konnte ich nicht mehr" fährt sie fort, "dann hab ich mich versteckt. 
Dann, wenn sie wieder mal riefen ‘Fraaaau komm!!' "
Versteckt?
"Ja, auf dem Dachboden, oder, naja, im Schuppen, unter dem Stroh für das Vieh."
Wie? Was?
"Naja, tief eingebuddelt hab ich mich dann. Stroh über mir und einen Strohhalm im Mund, um Luft zu kriegen. Stundenlang. Bis wieder Ruhe war, und sie wieder weiter gezogen sind."

Sie erzählt knapp, wie unbeteiligt, meine Mutter. 
Als erinnere sie irgendeine Filmszene und nicht ihr eigenes Leben. 

Wie hast Du das alles nur ausgehalten?!
"Naja, gar nicht. Es war grausam. Es waren einfach so viele! 
Immer wieder und wieder und wieder ... . 
Aber  man entwickelt Strategien."
Strategien?
"Ja klar, ich musste doch überleben, ich hatte doch Kinder!"
Wie hast Du das gemacht?
"Man lernt sehr schnell. Man kennt die Rangabzeichen der Soldaten. 
Du guckst, wenn sie kommen und suchst dir den Ranghöchsten aus. 
Wenn du ‘deine Sache‘ gut machst, scheucht er die anderen weg, und du hast dann etwas Ruhe."

Und meine Geschwister? Wo waren die denn bei all dem?
"Ach ihr Kinder ! Ihr wart mein Segen! Und mein Fluch zugleich!
Die Russen sind sehr kinderlieb. Sie hatten ihre eigenen Kleinen lange nicht mehr gesehen. 
Ihr seid so süß gewesen, damals. Das hat sie fasziniert.
Mama, mich gab es damals noch gar nicht. 
"Ja. Und ihr habt schnell gelernt! Habt sofort eure Ärmchen nach ihnen ausgestreckt, wenn sie ankamen. Und darüber haben sie mich manchmal vergessen, oder mich dann doch mehr als Mutter gesehen und nicht so als Frau."
Und der Fluch?
"Naja, ihr seid ward klein und habt geheult und mich gesucht, wenn ich mich versteckt hab. Und die Russen warn ja auch nicht blöd, gell?! Und wenn die mich gefunden haben, das war dann hart. Dann setzte es Schläge. Oder einmal, da haben sie einfach alles aus dem Fenster geworfen, alles, was sie greifen konnten. Geschirr, Bücher, Musikinstrumente, einfach alles. Und ich durfte es nicht wieder einsammeln."

Mehr Details verrät sie nicht, meine Mutter. Und ihre Geschichte endet vor dem großen Fluss in meinem Heimatdorf, die Kinder rechts und links an der Hand:

"Ins Wasser wollte ich gehen, mit euch Beiden. Ich konnte nicht mehr. Aber irgendwas hielt mich davon ab, in letzter Sekunde.  Und heute weiß ich, wie sehr er stimmt , dieser Satz: Die Hoffnung stirbt zuletzt, denn sie hat uns alle drei gerettet."




Es ist gut, dass sie verschwimmt, die Erinnerung. Waren es drei Kinder damals, oder schon vier Kinder, oder erst zwei? Es ist unwichtig, heute, wenn sie erzählt, meine Mutter. 

Hierzu:
  • Anonyma: Eine Frau in Berlin. Tagebuchaufzeichnungen vom 20. April bis 22. Juni 1945. Frankfurt am Main 2003.
  • Biallas, L.: Ich war Kriegsbeute "Komm, Frau, raboti". Augsburg 2012.
  • Brownmiller, S.: Gegen unseren Willen. Vergewaltigung und Männerherrschaft. Frankfurt am Main 1978.
  • Eichhorn, S. & Kuwert, PH.: Das Geheimnis unserer Großmütter. Giessen 2011.
  • Sander H. & John B. (Hrsg.): BeFreier und Befreite: Krieg, Vergewaltigung, Kinder. Frankfurt am Main 2008. Dazu der Film.
  • Stiglmayer, A.: Massenvergewaltigung: Krieg gegen Frauen.  Freiburg i.Br. 1993.

Die "Deneme-Yanılma" Methode – Ein Gespräch mit Selçuk Salih Caydı

Fast zwei Monate ist es her, seit Selçuk mit mir in Istanbul in der kleinen Kneipe saß, und wir uns über das Wahlergebnis in der Türkei die Köpfe heiss geredet haben und alles um uns herum ignorierten, so dass sogar der Tee kalt wurde. Dieses Gespräch haben wir über Skype geführt. Dabei ist es sicherlich einfacher, es nachzulesen, als es sich anzuhören, denn Selçuk redet wie ein Wasserfall, und jeder Satz hat Substanz, so dass es bei ihm keine Zeit zum "mal-kurz-weghören" gibt. Und während wir reden läuft die Zeit weiter und neue Ereignisse machen unsere Gedanken zwar nicht ungültig, müssen jedoch in andere Zusammenhänge gestellt und mit einbezogen werden. Und während wir das tun, ist schon wieder alles ganz anders. Oder auch nicht. Das ist so in der Türkei. Zumindest gegenwärtig ist das so:

Kurz vor unserem letzten Gespräch im Juni fand das Attentat bei einer Wahlveranstaltung der HDP in Diyabakır statt. (1) Ein paar Tage später gab es dann die Wende in der politischen Parteienlandschaft durch den Einzug der HDP ins Parlament. Mit 80 Abgeordneten wurde sie drittstärkste Partei und Folge dieses Ereignisses ist eine Beendigung der Alleinherrschaft für die AKP. So wollten und wollen es die Wahlberechtigten mit türkischem Pass in und außerhalb der Türkei – auch nach den neuesten Umfragen. 
Doch heute – zwei Monate nach der Wahl – ist die Realität eine ganz andere. Die AKP be-herrscht weiterhin das Land und kaum jemand spricht noch ernsthaft über Möglichkeiten einer Regierungsbildung. Die Koalitionsgespräche sind abgeschlossen und die MHP verkündet, sie sei mit einer Minderheitsregierung der AKP bis zu möglichen Neuwahlen im November einverstanden, dementiert das dann und stimmt dem morgen dann vielleicht doch wieder zu. Mal sehn.
Und wieder war mit ein Auslöser dieser Entwicklung ein Ereignis im Osten der Türkei, das Attentat auf eine Gruppe von linken Jugendlichen in Suruç. (2) Ein Attentat, das von vielen Stellen dem IS zugeschrieben wird. (3) Und in der Folge dann die Ermordung von zwei Polizisten in Şanlıurfa, zugeschrieben der PKK. 
Allesamt Ereignisse in der Osttürkei, die insgesamt zu einer Situation geführt haben, die eine Beendigung des seit 2013 bestehenden Waffenstillstandes mit der PKK zur Folge hat und mit einem angeblichen "Kampf gegen den IS" ummäntelt wird.
Und mit meinen Worten heisst das: Ist ein Waffenstillstand  beendet und kein Frieden beschlossen, herrscht wieder der Krieg im Land. Und diesmal auch über das Land hinaus, nämlich auch in all denjenigen Gebieten und Regionen in denen sich die PKK-Gruppen aufhalten, und das sind nicht nur die Bergregionen im Osten der Türkei.
All dies geschah in für mich atemberaubender Geschwindigkeit. In der Vorbereitung auf unser Gespräch habe ich diese Entwicklung den Beginn eines Tanzes auf dem Vulkan beschrieben. 
Siehst Du das ebenso?

Ich denke, gegenwärtig passiert in der Türkei etwas ganz Gefährliches, was wir die Methode "Deneme-Yanılma" nennen und sinngemäß bedeutet "Wir handeln erstmal, und dann sehen wir weiter." Wenn daraus etwas Gutes entsteht, ist es gut, wenn nicht, ist es auch gut, und wir werden aus den Fehlern lernen. Hauptsache, es wird etwas getan.

Ein Aktionismus ohne Sinn und Verstand? Und wenn ja, wer ist der Akteur bzw. wer sind die Akteure dabei?

Nein, eher ein strategisches Handeln und zwar zielgerichtet auf ein gedachtes Ergebnis, das man vor Augen hat. Und für dieses Ziel setzt man sich in Bewegung und zwar ohne Netz und doppelten Boden, d.h. ohne die geringste Sicherheit, ob das einmal begonnene Handeln das gesetzte Ziel auch erreichen kann. Für Erdoğan geht es ausschliesslich darum, die verlorene Macht für die AKP zurückzugewinnen, um das Land wieder allein regieren und das von ihm favorisierte Präsidialsystem doch noch etablieren zu können. Aber es ist mehr als fraglich, ob das über Neuwahlen gelingen kann. Daher stellen sich viele heute die Frage, ob hier nicht ganz bewusst ein Pulverfass zum Explodieren gebracht werden soll, in der irrigen Annahme, das Ziel auf diesem Wege dann doch noch erreichen zu können.
Und dabei war es die Hoffnung auf Frieden, die mit dazu beigetragen hat, dass die AKP 2002 an die Macht kam. 15 Millionen Kurden – und nicht nur die, sondern auch Millionen von Türken – träumten damals vom möglichen Ende des 30jährigen bewaffneten Konfliktes, der etwas 40.000 Menschenleben gekostet hat. Erdoğan scheint nun dabei zu sein, diese Hoffnungen wieder zu zerstören. Und eigentlich weiss man auch gar nicht, ob ein Friedensprozess jemals wirklich ernsthaft in Erwägung gezogen wurde, denn alle Verhandlungen mit dem PKK-Chef Öcalan wurden heimlich geführt, nichts drang an die Öffentlichkeit. Und plötzlich kam Öcalan dann im März 2013 mit seiner Erklärung zu Newruz an die Öffentlichkeit, in der er die PKK-Militanten aufrief, die Waffen wegzulegen und sich an einer demokratischen Lösung der Kurdenfrage zu beteiligen. Aber auch seither ist keine Kontinuität bemerkbar. Zwar gab es insbesondere vor den Wahlen einige Zugeständnisse auf der einen Seite, auf der anderen Seite blieb jedoch immer auch ein Schielen auf die nationalistische Wählerschaft und deren Ablehnung eines solchen Friedensprozesses mit der PKK.

Aber eigentlich wissen wir, dass der "Feind" der hier bekämpft werden soll gar nicht unbedingt die PKK ist. Bei vielen Analysten im Lande herrscht Konsens darüber, dass die Änderung der öffentlich deklarieren politischen Haltung gegenüber dem IS nur die "Tarnung" einer grundlegenden Verschiebung in der Kurdenpolitik des Landes ist, um die HDP zu treffen. Die wirkliche Bedrohung wird in der HDP gesehen, und der Kampf richtet sich hier insbesondere gegen Demirtaş. Das ist aber ein sehr gefährliches Spiel, nach innen wie nach außen, und man ist dabei, die türkische Demokratie vielleicht auf Dauer zu beschädigen.

Ministerpräsident Davutoğlu hat offiziell noch etwas Zeit, eine Regierung zu bilden bevor Präsident Erdoğan von seinem verfassungsmässige Recht Gebrauch machen kann, Neuwahlen zu verlangen. Interessant wäre in dieser Zeit doch eigentlich gewesen, anhand von innen- und aussenpolitischen Debatten ein Gefühl dafür zu bekommen, welche der vielfältigen "Baustellen" des Landes mit wem gemeinsam wie angegangen werden könnten. Wirtschaftliche, innen- und außenpolitisch drängende Themen stehen im Raum, und die Positionen dazu sind abzuklären. Aber es entsteht bei mir ein ganz anders Gefühl, so als wurde ein "ich-möchte-ganz-gerne"-Davutoğlu an einer Gummibandschnur gehalten und in den entscheidenden Momenten dann doch wieder zurückgeschnippt werden. Wir haben im letzten Gespräch mehrere Koalitionsmöglichkeiten durchgespielt. Geht es darum überhaupt noch?

Ich denke, der Eindruck täuscht nicht, dass sich Davutoğlu um eine Regierungsbildung bemüht hat. Ich glaube aber nicht, dass er so stark ist und es ihm noch gelingen wird, zumal die MHP ja nun offenkundig eine Minderheitsregierung dulden wird. Und in dieser Zeit werden Erdoğan und ich denke auch die AKPler alles daran setzen, um das Scheitern der Alleinherrschaft der AKP bei den nächsten Wahlen wieder rückgängig zu machen.

In vielen Ländern sind Koalitionsregierungen erfolgreich. Wovor haben Erdoğan und die AKP solche Angst? Da geht es doch um mehr als um den Machtverlust, oder?

Natürlich. Da ist einmal das Verhältnis der AKP zu Erdoğan. Erdoğan ist zu mächtig geworden, das wissen viele in der AKP und sind ambivalent. Denn nicht alle in der Partei wollen das geplante Präsidialsystem. Aber Erdoğan gibt nicht auf. Es ist sein Ziel und das weiss jeder. Er sieht sich sozusagen als ein neo-osmanischer Sultan im Wartestand. So erklärt sich auch sein gegenwärtiges Verhalten. Und die AKP muss ihn bei Laune halten, denn ohne Erdoğan, das weiss die AKP sehr genau, würde sie schnell in ein Nichts zerfallen. Davutoğlu hat nicht die Macht und nicht genügend Gefolgsleute um sich gesammelt, um ohne Erdoğan auf eigenen Beinen stehen zu können. Hinzu kommt noch immer eine gewisse Schockstarre in der Partei. Niemand hatte mit diesem Wahlergebnis gerechnet. Daher wurde sich auch nicht auf einen solchen Wahlausgang vorbereitet. Alles war für einen Übergang in ein auf Erdoğan zugeschnittenes quasi Sultanat angedacht und geplant. Die Wahlliste der AKP Parlamentarier war sorgfältig vorbereitet. Die möglichen Konkurrenten oder Kritiker waren beseitigt worden. Man hat begonnen, die Schlüsselinstitutionen der Türkei zu kontrollieren. Und dann kam das Ergebnis. Wie ein Schlag ins Gesicht. Lediglich Erdoğan ist wieder fix auf den Beinen – obwohl ihm das Ganze nachweislich auch einen Schlag versetzt hat – und er agiert wieder in der uns bekannten Weise. Das heisst, er kämpft um sein politisches Überleben und vielleicht auch noch um weit mehr als nur das.
Und hier kommen wir zu der Frage, warum eine Koalition für die AKP so gefährlich ist. Die letzten Jahre haben immer wieder ans Licht gebracht, wie viele Korruptionsaffären Erdoğan betreffen, in die aber auch viele Mitglieder der AKP verwickelt sind. Ihnen werden Morde und Attentate zugeschrieben, aber alles bleibt irgendwie im Nebel und wird nicht wirklich aufgeklärt. Mit diesem Machtverlust der AKP besteht nun die grosse Gefahr der Rückkehr zu einem Rechtsstaat in dem begonnen wird, diese Vorfälle aufzuklären. Ich denke, dass ist die große Angst, die im Moment zum einen Teil das Handeln blockiert und zum anderen zu dieser hoch explosiven Situation im Land geführt hat.

Kann da im Hinterkopf eventuell sogar der Gedanke stecken, sich als Kriegsherr verdient machen zu können, ggf. sogar die Wahlen auszusetzen, wenn es zu mehr kriegerischen Handlungen kommen würde, dabei die Zeit zu nutzen, um die HDP auszuschalten, um sich im Anschluss als Held feiern und wählen zu lassen? Eine Wahnidee oder kann da etwas daran sein? Denn wieso "nutzt" man nicht wieder Öcalan zu einer De-Eskalationsstrategie, der ja für Friedensgespräche eintritt? Kein Ton ist von ihm zu hören. Oder wird er an der Gelegenheit dazu gehindert? Schliesslich sind die Statements von ihm immer auch abhängig vom staatlichen Bedarf und der Erlaubnis zu einem solchen. Wieso ist ein solcher Bedarf staatlicherseits im Moment anscheinend nicht gegeben, wo er doch so offensichtlich ist?

Ich denke man ist im Moment überhaupt nicht an einem Statement von Öcalan interessiert, denn es geht nicht um die PKK, es geht darum, die HDP zu kriminalisieren und ggf. sogar darum, sie zu verbieten. Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte der türkischen Republik, dass ein Verbot als politisches Machtmittel genutzt wird. Kaum hatte sich in der Vergangenheit eine kurdische Partei etabliert, wurde sie auch schon wieder verboten. Seit der Gründung kurdischer Parteien ab dem Jahr 1993 geschah dies bereits sieben Mal. Mit der HDP ist das diesmal allerdings nicht so einfach, obwohl Juristen hier bereits am Werk sind, wie man weiss.
Demirtaş ist eine Person mit Charisma. Außer der AKP hat weder die MHP noch die CHP einen solchen Führer. Er ist beliebt. Insbesondere bei der jüngeren Generation. Und das macht ihn für die AKP und Erdoğan auch so gefährlich. Die Distanz zu ihm wurde von einigen demokratischen Gruppierungen mittlerweile doch aufgegeben. So steht m.E. die Vereinigte Junibewegung – die aus den Gezi-Protesten hervorgegangen ist – weitaus mehr hinter ihm, als noch vor den Wahlen. Und da die HDP sich eindeutig von Gewalt distanziert und verlangt, dass der Kurdenkonflikt nicht mit Waffen, sondern durch Verhandlungen im Parlament zu regeln sei, nimmt auch in anderen Gruppierungen die Zustimmung zu dieser Partei weiter zu. Diese Partei kann sicherlich nicht mehr so einfach unter die noch immer bestehende 10 % Wahlhürde gedrückt werden. Also muss man anders gegen sie vorgehen. Aber das geht nicht so einfach, zumal sich Demirtaş eindeutig gegen ein gewalttätiges Vorgehen seitens der PKK gewandt hat und immer wieder glaubhaft betont, eine demokratische Partei zu vertreten, die die Bevölkerung des gesamten Landes im Blick hat. Das wiederum hat ihm auch das Wohlwollen bei den Armeniern eingebracht, die sich gegenwärtig auch wieder kriminalisiert sehen und gegen die erneut Übergriffe vorgenommen wurden. D.h. die Zustimmung zur HDP wächst in allen Bevölkerungsschichten und in allen Gruppierungen und die HDP ist schon lange nicht mehr als eine kurdische Partei zu sehen und zu gewichten. Sie ist mehr.

Ist hier vielleicht auch mit ein Grund der eher zögerlichen Antworten seitens der PKK zu sehen, gegen die ja im Moment Angriffe geflogen werden und die dadurch in kriegerische Auseinandersetzungen gezwungen werden. Niemand würde letztlich verstehen, wenn sie das einfach hinnehmen würden. Im Vergleich zu den Möglichkeiten dieser Gruppierung finde ich ihre Antworten bislang jedoch eher moderat. Von einer Gegenoffensive kann man noch nicht sprechen. Hat die PKK von der HDP gelernt, dass kriegerische Handlungen nur weitere Gewalt nach sich ziehen und ein demokratischer Verhandlungsweg perspektivisch mehr zu ihrer Stärkung führt?

Sicherlich ist auch die Zeit der Waffenruhe auf die PKK nicht ohne Einfluss geblieben, und ich denke, auch sie erhofft sich einige Veränderungen durch die HDP. Daher ist sie vorsichtig und will nicht schaden, da auch ihr bewusst wird, welche Rolle sie in dem Spiel spielen soll. Hinzu kommt, dass die Kurden ihre wirkliche Bedrohung noch immer und zu Recht im IS sehen und ihre Kräfte darauf konzentrieren müssen und auch wollen. Und da ist ja jetzt auch der Punkt, wo es anfängt für die AKP wirklich schwierig zu werden, weil sich hier die geopolitische Lage des Landes mit der innenpolitischen Lage der Türkei vermischt. Das wäre aber ein eigenes Thema, wie nämlich die Aussenpolitik der AKP immer aus der Perspektive der innenpolitisch gesehenen Notwendigkeiten bestimmt wird. Und schon sind wir bei dem Dilemma des Umgangs der AKP mit dem IS.

Ich habe selten ein Land gesehen, das seine Außenpolitik so stark am innenpolitischen Bedarf zum Machterhalt ausrichtet und dabei immer wieder in ein Dilemma gerät – wie dies in der Türkei gegenwärtig passiert – weil der Rest der Welt halt einfach nicht gewillt ist, sich an diesem innenpolitischen Bedarf einer Partei oder einer Person entlang zu hangeln. Fast sieht es so aus, als sei die Türkei in die Situation eines Zauberlehrlings hineingerutscht, der plötzlich feststellen muss, dass er die Geister, die er rief, nicht nur nicht mehr los wird, sondern diese sich auch ganz gefährlich gegen ihn wenden könnten.

Die Stimmung für oder gegen die radikalen Islamisten des IS im Land und ihre mörderischen Akte in Syrien und im Irak ist sicherlich nicht  einheitlich zu sehen, jedoch ist sie zu großen Teilen eben auch nicht ablehnend ihnen gegenüber. Bis hin in die Gruppe der kritischen "Antiimperialistischen Muslime" ist immer wieder auch ein Wohlwollen spürbar, da sich deren Kampf aus ihrer Sicht eben gegen den "westlichen Imperialismus" richtet. Die Sichtweise und Einschätzung der AKP zur Gruppe des IS ist hinlänglich bekannt. Das zahlreiche Aufdecken von unterstützenden Aktionen spricht eine klare Sprache. Hinzu kommt, dass wohl auch gegenseitige Absprachen existieren. Denken wir nur an die Freilassung der Geiseln aus dem türkischen Konsulat in Mosul, die über Geheimverhandlungen erreicht wurden, deren Inhalt niemals an die Öffentlichkeit gelangt ist. D.h. zum einen existieren Absprachen, die es zu beachten gilt und zum anderen muss auf die unterschiedlicher Gruppierungen mit ihrer positiven Gesinnung dem IS gegenüber geachtet werden, denn sie sind auch ein Wählerpotential für die AKP, die gegenwärtig um jede Stimme buhlen muss. Denn sie wird ganz eindeutig Stimmen verlieren bei der nächsten Wahl. Viele kurdischstämmige Wähler werden der Partei den Rücken kehren, Aleviten wählen sie so wie so nicht mehr, und viele Wähler aus der Junibewegung haben gegen die AKP mittlerweile klare Position bezogen. Letztere mit ihrem jüngsten Aufruf und den Forderungen – Syrien den Syrern, keine Einmischung von außen, lasst die Syrer selbst entscheiden – mahnen die AKP auch endlich mit der Unterstützung der radikalen Islamisten aufzuhören. Keine einfache innenpolitische Situation, in der Zeitgewinnung durch eine Minderheitsregierung um Neuwahlen vorzubereiten – die ggf. auch noch einmal verschoben werden können, falls die militärischen Auseinandersetzungen zunehmen sollte – eine willkommene Verschnaufpause sind.

Ich denke, wir hören hier auf, weil schon wieder neue Ereignisse ein Überdenken unseres Gespräches notwendig machen, insbesondere die Entwicklungen um die Syrienkrise, das Hin und Her der Parteien um eine mögliche bzw. unmögliche Regierungsbildung, das weitere Verhalten der PKK auf die nicht abbrechenden Angriffe - täglich kommt Neues hinzu, so dass wir vielleicht den Abstand unserer Gespräche verkürzen sollten. Mal sehn.


(1) Bombenanschlag am 5. Juni auf eine Wahlveranstaltung der HDP mit mittlerweile 4 Toten und über hundert Verletzten.
(2) Selbstmordattentat am 20. Juli  auf das Amara Kulturzentrum in Suruç/Urfa mit 32 Toten und über hundert Verletzten.
(3) Der IS-Selbstmordattentäter war 20 Jahre alt und stammte aus Adıyaman, eine von Kurden bewohnte türkische Stadt im Südosten des Landes.  Der IS hat unseres Wissens die Verantwortung für dieses Attentat offiziell nicht übernommen, was eher unüblich für diese Gruppierung ist.