Rembrandt: Das Gastmahl des Belsazar
(1635)
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Vor einiger Zeit standen in einem Seminarraum unserer Hochschule mehrmals arabische Schriftzüge an der Tafel. Als ich deren Inhalt wissen wollte, kicherten einige der arabischsprachigen Studenten. "Nix Wichtiges, ein Gruss". Andere übersetzten "wir sind hier und dann ein Name". Nix Wichtiges dachte ich. Dennoch fotografierte ich diesen "Gruss" und hob ihn erst einmal auf. Das heisst "Baqiya wa Tatameded" erklärte mir später eine Freundin und übersetzte die Schrift sinngemäss mit einem "Bin hier!" Nix Wichtiges, dachte ich wieder und löschte das Foto.
Vielleicht war das damals doch wichtig, denke ich heute. Denn "Baqiya wa Tatameded" ist ein Ausdruck der Unterstützung für den islamischen Staat und bedeutet in der Übersetzung sinngemäß "still exist and growing up". "Wie kommst Du denn darauf?" fragten mich Kollegen zweifelnd. Meine Informationsquelle ist wieder einmal Twitter. Hier fand ich den Schriftzug als Hashtag wieder. Und kurze Zeit später noch einmal, diesmal nicht nur mit der Übersetzung, sondern auch mit der zugehörigen Erklärung:
Twitt E. J. Magnier 31.8. 2014 |
Twitt Dylan 31.8.2014 |
Was passiert da an unserer Hochschule? Wer schreibt diese Zeichen des selbsternannten Islamischen Staates an unsere Hochschultafeln? Sind dort überzeugte Jihadisten, die in den Seminarräumen zum "Heiligen Krieg" aufrufen? Oder lediglich Sympathisanten oder religiöse Spinner?
Oder ist das einfach nur ein gedankenlos Hingeschriebenes von irgendwelchen
Wichtigtuern?
Ein Protest gegen etwas?
Ein Aufruf für etwas?
Diese Fragen kann ich mir zwar stellen, sie aber nicht beantworten. Denn es sind erst einmal nur Zeichen an der Wand, die sich mir selbst noch nicht einmal ohne fremde Hilfe erschlossen haben. Sie fallen auch kaum auf, diese Schriftzeichen. Doch seitdem ich mich genauer umschaue, finde ich sie immer wieder an Häuserwänden in unseren Städten.
Wieder einmal eine Schmiererei, sagen die einen.
Arabische Schriftzeichen und nicht entzifferbar, sagen die anderen.
Eine Botschaft, die ernst zu nehmen ist, sage ich heute.
Wichtigtuern?
Ein Protest gegen etwas?
Ein Aufruf für etwas?
Diese Fragen kann ich mir zwar stellen, sie aber nicht beantworten. Denn es sind erst einmal nur Zeichen an der Wand, die sich mir selbst noch nicht einmal ohne fremde Hilfe erschlossen haben. Sie fallen auch kaum auf, diese Schriftzeichen. Doch seitdem ich mich genauer umschaue, finde ich sie immer wieder an Häuserwänden in unseren Städten.
Wieder einmal eine Schmiererei, sagen die einen.
Arabische Schriftzeichen und nicht entzifferbar, sagen die anderen.
Eine Botschaft, die ernst zu nehmen ist, sage ich heute.
Dieses "nicht entzifferbar" erinnert mich an eine Geschichte aus dem Alten Testament, an die Feuerschrift an der Wand während eines Gastmahls des König Belšazar:
Als Belšazar ein großes Fest veranstaltet und sich betrinkt, wird er übermütig. Er lässt die prunkvollen Kelche und Pokale herbeischaffen, die sein Vater, der König Nebukadnezar aus Jerusalem geraubt hat. Belšazar trinkt daraus und lässt dabei seine Götter preisen. Plötzlich erscheint geisterhaft eine Hand und schreib wie aus Feuer unverständliche Zeichen an die Wand. Belšazar erschrickt und lässt seine Weisen kommen, damit diese die Zeichen entschlüsseln und ihm deuten. Doch niemand kann das dort Geschriebene lesen. Darüber erschrickt Belšazar noch mehr. Seine Mutter berichtet von einem Weisen namens Daniel, der jegliche Art von Omen, Traum oder Rätsel zu deuten wisse. Belšazar lässt den Mann zu sich bringen und dieser liest die Worte "Mene mene tekel u-parsin" und deutet „Mene: Gezählt, das heißt, Gott hat gezählt die Tage Deiner Königsherrschaft und sie beendet. Tekel: Gewogen, das heißt, Du wurdest auf der Waage gewogen und für zu leicht befunden. Peres (U-parsin): Zerteilt wird Dein Königreich und den Persern und Medern übergeben“. (AT Buch Daniel Kapitel 5, Vers 1–25)
Auch die Jihadisten, diese selbsternannten "Heiligen Krieger", sprechen von den gezählten Tagen, nämlich von denjenigen der Un- bzw. der Falschgläubigen. Etwas sei schief gelaufen in dieser Welt, behaupten sie, denn die Erde sei voller "Kufa", voller Ungläubiger, die es zu bekehren oder zu eliminieren gelte. Doch zuvor werden von ihnen erst einmal die falschgläubig Islamgläubigen wieder auf den richtigen Weg gebracht.
Oder es werden ihnen einfach die Köpfe entfernt. Und dann wird noch alles zerstört, was als Unerlaubtes und als Lästerung über "Allah" angesehen wird, denn "Allah akbar", Allah ist groß und nur ihm und seinem Gebot habe man zu folgen.
Es ist sicher kein Zufall, dass mir dieser historische Bezug zu Belšazar einfällt. Salafisten sehen sich mit ihrem Jihad als Krieger der Umsetzung des wahren, ursprünglichen Wortes von Allah. Und sie schreiben dies - egal wo sie gerade einen Platz finden - an reale Häuserwände oder als Mahnungen ins Netz. Dabei nutzen sie eine Bilder-Sprache, die Schrecken verbreitet. Ihre Bilder sind das Abbild der von ihnen geschaffenen grausamen, tödlichen Wirklichkeit, denn sie zerstören nicht nur religiösen Heiligtümer und Kulturdenkmäler, sondern sie töten, zerstümmeln und enthaupten.
Und so leben sie unter uns und verkünden:
"Muslims consider to honor of the Prophet Muhammad to be dearer to them than that of their parents or even themselves. To defend it is considered to be an obligation upon them. The strict punishment if found guilty of this crime under sharia (Islamic law) is capital punishment implementable by an Islamic State. This is because the Messenger Muhammad said, ‘Whoever insults a Prophet kill him.' "
(Der radikale Kleriker aus London Anjem Choudary am 8.1.2015 zu den Morden in Paris auf Twitter)
Es ist wichtig, dass wir uns umsehen, und dass wir ernst nehmen, was sie uns verkünden. Zu lange haben wir in Europa die Augen verschlossen, wollten nicht als islamophob gelten und haben uns einer Auseinandersetzung nicht gestellt.
Doch welche Alternative bieten wir diesen Jugendlichen, die solche Botschaften an die Tafel schreiben? Und was sind die Gründe, warum sie - aufgewachsen in Europa - mit einem "Islamischen Staat" liebäugeln und etliche von ihnen sogar ihre Heimat verlassen, um in Syrien oder anderswo für einen solchen zu kämpfen und sogar ihr Leben dafür lassen?
Als Belšazar ein großes Fest veranstaltet und sich betrinkt, wird er übermütig. Er lässt die prunkvollen Kelche und Pokale herbeischaffen, die sein Vater, der König Nebukadnezar aus Jerusalem geraubt hat. Belšazar trinkt daraus und lässt dabei seine Götter preisen. Plötzlich erscheint geisterhaft eine Hand und schreib wie aus Feuer unverständliche Zeichen an die Wand. Belšazar erschrickt und lässt seine Weisen kommen, damit diese die Zeichen entschlüsseln und ihm deuten. Doch niemand kann das dort Geschriebene lesen. Darüber erschrickt Belšazar noch mehr. Seine Mutter berichtet von einem Weisen namens Daniel, der jegliche Art von Omen, Traum oder Rätsel zu deuten wisse. Belšazar lässt den Mann zu sich bringen und dieser liest die Worte "Mene mene tekel u-parsin" und deutet „Mene: Gezählt, das heißt, Gott hat gezählt die Tage Deiner Königsherrschaft und sie beendet. Tekel: Gewogen, das heißt, Du wurdest auf der Waage gewogen und für zu leicht befunden. Peres (U-parsin): Zerteilt wird Dein Königreich und den Persern und Medern übergeben“. (AT Buch Daniel Kapitel 5, Vers 1–25)
Auch die Jihadisten, diese selbsternannten "Heiligen Krieger", sprechen von den gezählten Tagen, nämlich von denjenigen der Un- bzw. der Falschgläubigen. Etwas sei schief gelaufen in dieser Welt, behaupten sie, denn die Erde sei voller "Kufa", voller Ungläubiger, die es zu bekehren oder zu eliminieren gelte. Doch zuvor werden von ihnen erst einmal die falschgläubig Islamgläubigen wieder auf den richtigen Weg gebracht.
Twitt E. J. Magnier 20.1.2015 |
Es ist sicher kein Zufall, dass mir dieser historische Bezug zu Belšazar einfällt. Salafisten sehen sich mit ihrem Jihad als Krieger der Umsetzung des wahren, ursprünglichen Wortes von Allah. Und sie schreiben dies - egal wo sie gerade einen Platz finden - an reale Häuserwände oder als Mahnungen ins Netz. Dabei nutzen sie eine Bilder-Sprache, die Schrecken verbreitet. Ihre Bilder sind das Abbild der von ihnen geschaffenen grausamen, tödlichen Wirklichkeit, denn sie zerstören nicht nur religiösen Heiligtümer und Kulturdenkmäler, sondern sie töten, zerstümmeln und enthaupten.
Und so leben sie unter uns und verkünden:
"Muslims consider to honor of the Prophet Muhammad to be dearer to them than that of their parents or even themselves. To defend it is considered to be an obligation upon them. The strict punishment if found guilty of this crime under sharia (Islamic law) is capital punishment implementable by an Islamic State. This is because the Messenger Muhammad said, ‘Whoever insults a Prophet kill him.' "
(Der radikale Kleriker aus London Anjem Choudary am 8.1.2015 zu den Morden in Paris auf Twitter)
Es ist wichtig, dass wir uns umsehen, und dass wir ernst nehmen, was sie uns verkünden. Zu lange haben wir in Europa die Augen verschlossen, wollten nicht als islamophob gelten und haben uns einer Auseinandersetzung nicht gestellt.
Doch welche Alternative bieten wir diesen Jugendlichen, die solche Botschaften an die Tafel schreiben? Und was sind die Gründe, warum sie - aufgewachsen in Europa - mit einem "Islamischen Staat" liebäugeln und etliche von ihnen sogar ihre Heimat verlassen, um in Syrien oder anderswo für einen solchen zu kämpfen und sogar ihr Leben dafür lassen?