Es gibt ein Einführungsvideo. Die Spielwesten werden angelegt. Die Fazer in die Hände und ab gehts in die Arena. Ich begebe mich auf meinen Beobachtungsposten, blicke durch eine Glasscheibe auf das Geschehen und traue meinen Augen nicht. Innerhalb von Sekunden verwandelt sich diese zurückhaltende Studierendengruppe – wenn es um gelesenen Texte geht – in eine Schar herumrasender, quietschender und lachender Jugendlicher, die sich gegenseitig im Halbdunkel zu fangen versucht. Dieses 'Fangen' geschieht durch das Markieren mit dem Fazer in ihren Händen. Durch einen Infrarotstrahl wird markiert, ob der oder die Andere erreicht wurde. Hat es funktioniert, dann gibt es Punkte für den Einzelnen und für die Mannschaft. Das Ergebnis wird zeitgleich an den Punktecomputer im Foyer weitergegeben. Die Mannschaft mit den meisten Punkte hat gewonnen. Und das ist wohl auch der Grund, warum im Spiel mit so viel lautstarkem Eifer herumgerannt wird.
"Boah eeyh, das war echt geil". Verschwitzt und abgekämpft umringt mich die Gruppe nach dem Spiel. "Ich hätte nie gedacht, dass das so anstrengend ist." "Macht Spaß" "Echt geil." "Gleich nochmal, ok?" "Nee, bin total kaputt!" Die Stimmung ist ausgelassen, Getränke löschen den Durst, während darüber nachgedacht wird, was dieses LaserTag eigentlich bedeutet.
"Spielen, Rumrennen." "Naja, wenn wir in Mannschaften gegeneinander antreten, dann ist das eher Wettkampf." "Gewaltspiel?" frage ich in die Runde. "Nee, eigentlich wirklich nicht." "Es wird doch immer wieder so bezeichnet, und wie verknüpfen wir das mit unseren eigenen Erfahrungen?"
"Erstmal ne Medienanalyse, um zu sehen, warum das so gesehen wird." "Befragung von Spielenden, wie die das sehen." "Mal gucken, wo das Spiel herkommt, wofür wurde es entwickelt und ob das mit der Gewalt da herkommt." Wir verteilen die Arbeiten in den Gruppen und das Projekt beginnt unter dem Themendach "Gewaltspiel - ja oder nein":
o Entwicklung von LaserTag in Deutschland (folgt)
o Befragung von Spielenden (folgt)
o Medienanalyse (folgt).
Doch dann die Frage: "Wir gehn jetzt aber noch nicht, wir spielen doch nochmal, oder?"
Eine weitere Gruppe entschliesst sich, das Thema unter einem anderen Aspekt aufzugreifen: Ein Bildungsprojekt mit Migrantenvätern. Auch hier gibt es wieder grosse Zustimmung zum Spiel. "Das kann man Generationen übergreifend spielen. Väter treten mit den Kindern an. Es gibt so viele verschiedene Spielmodi, da kann man gut was finden, das passt." "Und ab welchem Alter würdet ihr sie mitnehmen?" frage ich. "Naja, elf, zwölf sollte er schon sein", bekomme ich zur Antwort. "Er?" "Ja, wieso?" "Ich weiss, was Sie meinen" lacht ein Studierender. "Er hat aber keine Tochter. Meine würde ich mitnehmen. Klar doch, wir machen immer alles zusammen." "Man kann auch die älteren Mädchen spielen lassen. Die zieren sich doch immer so vor den Jungs, finden sich nicht schön genug und sind dann so verkrampft. Hier im Halbdunkel, mit den schwarzen Klamotten, da ist es doch völlig egal, wer man ist und wie man aussieht."
Auch die Betreiber von LaserTag sind offen und überlegen, welche weiteren Spielkonzepte für diese Zielgruppe entworfen werden könnten. Darüber sollten wir nachdenken, ab welchem Alter diese Spiele für Kinder und Jugendliche geeignet sind. Und schon hat die Gruppe eine neue Aufgabe:
o LaserTag - für jedes Alter? (folgt)
o Eltern-Kind-Spiele bei LaserTag? (folgt)
Am Fachbereich spricht sich herum, dass wir spielen gehen. "Können wir nicht auch mal mitgehen" fragt der Musikkurs? "Nur wenn wir eine Projektidee entwickeln," gebe ich zur Antwort. Schon sind wir bei LaserTag. "Und? Schon eine Idee," frage ich die abgekämpfte Gruppe, die sich mit hochroten Köpfen und völlig erschöpft wieder im Foyeur sammelt. "Nee", bekomme ich zur Antwort, "das ist doch gut hier, die haben doch, was sie brauchen." Ich bohre weiter "Transferdenken meine Lieben, hier ist die Arena, da ist das Spiel, das LASER-Spiel und ihr habt das Thema Musik. Also denkt nach." Stille. Plötzlich holt M. sein Smartphone heraus. "Ich habs, wartet mal. Guckt mal hier! Laser. Guckt mal hier, was das ist." Er zeigt auf sein Display. "Hier, das ist eine Laser-Harfe. Wir machen Laser-Musik!" "Eeeh, wie geht das denn?" alle drängeln sich um das Smartphone, doch keiner sieht was. Die Betreiber schaffen die Verbindung zu einem großen Bildschirm und da ist sie zu sehen, die Laserharfe. "Wir bauen eine Laserharfe?" "Warum nicht", ist die Antwort meiner Musik-Kollegin, "Eine solche macht doch Musik, oder?" Doch das Projekt erweist sich als unrealistisch. Es ist wegen der Laserstrahlen zu gefährlich, und es muss immer jemand zur Beobachtung abgestellt werden. Was nun? Wieder haben die Betreiber eine Idee. Sie führen uns durch die Anlage. "Hier, hier ist ein Raum ungenutzt. Hier könnt ihr Musik machen." "Ja, wie jetzt?" "Ja, wir entwickeln mit Euch hier ein Jugendzentrum Laser 2.0. Denkt mal drüber nach. Den Raum kriegt ihr."
Ein Semester hat es gedauert, bis die zündende Idee kam:
Wir entwickeln eine Musikmaschine, eine mit "Musik für alle", egal ob jemand ein Instrument spielt oder auch nicht. Ein Raum, eine Musikmaschine, die Musik zum Spiel, als Wettbewerb, welche Musik passt zu welchem Spielkonzept von LaserTag. Es werden iPads gekauft, GarageBand geladen, und schon geht das Experimentieren los:
Ein Semester hat es gedauert, bis die zündende Idee kam:
Die Konzeptidee |
Das Raumkonzept |
Wir entwickeln eine Musikmaschine, eine mit "Musik für alle", egal ob jemand ein Instrument spielt oder auch nicht. Ein Raum, eine Musikmaschine, die Musik zum Spiel, als Wettbewerb, welche Musik passt zu welchem Spielkonzept von LaserTag. Es werden iPads gekauft, GarageBand geladen, und schon geht das Experimentieren los:
Die Planung |
Die Verknüpfung offener Jugendarbeit, privaten Betreibern von Spiel- und Sport-Arenen und Hochschule - ein möglicher Ausweg aus der Krise der Offenen Jugendarbeit? Neues entsteht in der Zusammenarbeit von Know-How, von Ideen und durch das Realisieren von Möglichkeitsräumen? Das ist nicht mehr einfach so von der Hand zu weisen, angesichts knapper öffentlicher Kassen und der Verödung von Jugendhäuser in den Stadtteilen und auf dem Land.
Bisher sind lediglich die Bauämter und zum Teil die Jugendämter an den Genehmigungsverfahren solcher neuen Spiel- und Sportstätten beteiligt. Daher rührt u.E. auch der eingeschränkte kritische Blick in den öffentlichen Kommentaren zu dieser Entwicklung. Sozialpädagogische Kenntnisse und erlebnispädagogische Erfahrungen werden bei den Bewertungen bisher noch nicht hinzugezogen.
Dabei ist diese Entwicklung bereits in vollem Lauf, die ersten Zentren Jugend 2.0 sind dabei zu entstehen. Sie müssten bloss einmal wahrgenommen und mehr unterstützt werden. Es ist völlig falsch und unzureichend, Neues immer nur aus der Perspektive potentieller Gefahren in den Blick zu nehmen.